Neue Rechtsprechung zeigt weitere Fälle von Interessenkollisionen bei Verträgen zwischen einer AG und Aufsichtsräten

Werden Verträge zwischen einer Aktiengesellschaft und Mitgliedern des Aufsichtsrats geschlossen, besteht die Gefahr einer Interessenkollision.

Beratungsverträge zwischen einer AG und Aufsichtsratsmitgliedern der AG bedürften nach § 114 Abs. 1 AktG zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Aufsichtsrats. Ohne die Zustimmung oder eine nachträgliche Genehmigung hat das betroffene Aufsichtsratsmitglied eine bereits erhaltene Vergütung zurück zu zahlen, § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG. Damit will der Gesetzgeber die unsachliche Beeinflussung von Aufsichtsratsmitgliedern durch den vertragschließenden Vorstand verhindern. In zwei neuen Entscheidungen (BGH, Urteil v. 29.6.2021 - II ZR 75/20 und BGH, Urteil v. 22.6.2021 - II ZR 225/20) hat das Gericht erneut zu Einzelfragen Stellung genommen.

Umstritten war bisher, ob ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Gesellschaft, bei welcher das Aufsichtsratsmitglied zwar nicht beteiligt, aber deren gesetzlicher Vertreter es ist, in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG fällt. Hierzu hat der BGH nun in seiner Entscheidung II ZR 75/20 Stellung genommen und den beklagten Aufsichtsratsvorsitzenden zur Rückzahlung der Vergütung für Beratungsleistungen verurteilt. Es sei unerheblich, dass § 114 AktG seinem Wortlaut nach nur Beratungsverträge erfasse, die das Aufsichtsratsmitglied persönlich mit der Aktiengesellschaft schließt. Eine entsprechende Anwendung gebiete vor allem der Schutzzweck der §§ 113, 114 AktG, wonach die Aktiengesellschaft vor verdeckten Aufsichtsratsvergütungen und der Gefährdung der Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds durch zu enge Beraterbeziehungen zu schützen sei.

Eine weitere Frage klärte der BGH in seiner Entscheidung vom v. 22.6.2021 - II ZR 225/20. Zu Grunde lag dabei folgender Sachverhalt: Ein Vermögensverwalter betreute die AG bei Kapitalmaßnahmen. B war Mitglied des Aufsichtsrats der AG und auch Geschäftsführer sowie alleiniger Gesellschafter der GmbH, die auf die Beratung bei Kapitalmarkttransaktionen spezialisiert ist. Zwischen dem Vermögensverwalter und der GmbH wurde ein Beratungs-/Vermittlungsvertrag über die Erbringung von Kapitalmarktdienstleistungen abgeschlossen. In diesem war als „zentrales Ziel“ vereinbart, dass die GmbH als Subunternehmerin V bei ihrer Beratungstätigkeit unterstützt. Die Honorare wurden von der AG an die GmbH gezahlt.

Der BGH hat die GmbH und ihren Gesellschafter-Geschäftsführer zur Rückzahlung der Honorare verurteilt. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Vorschriften macht es keinen Unterschied, ob eine ungerechtfertigte Sonderleistung unmittelbar oder nur mittelbar über ein von der Aktiengesellschaft mit Beratungsleistungen beauftragtes Drittunternehmen – hier die GmbH – fließt. Für diese GmbH war das Aufsichtsratsmitglied tätig und damit floss das Honorar zumindest mittelbar an das Aufsichtsratsmitglied. Dies gilt auch dann, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit Ausnahme des fraglichen Beratungsvertrags keine gesellschaftsvertraglichen Verbindungen zu dem Drittunternehmen hat und wenn die von der Aktiengesellschaft an das Drittunternehmen gezahlte Vergütung mit der von dem Drittunternehmen an das dem Aufsichtsratsmitglied zuzurechnende Unternehmen gezahlten Vergütung betragsmäßig nicht übereinstimmt.

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